Weißt du eigentlich, für wen du da schreibst?

"Der Thermomix wird Ihren kulinarischen Avancen fast unvermeidbar die Eklektik eines Sternekochs verleihen." Wenn hier der potentielle Thermomix-Kunde die Augenbrauen verzieht, hat sich der Auftraggeber wohl vom Vokabel-Feuerwerk blenden lassen. Dessen Frage hätte von vornherein lauten müssen: Weiß mein Autor überhaupt, für wen er schreibt? Denn um optimale Produktbeschreibungen zu verfassen, braucht es vor allem ein hohes Empathievermögen.

Sprachlicher Gesichtsausdruck

Personaler achten zuvorderst auf hervorragende schriftliche Ausdrucksfähigkeit und Google-freundliche Sprachpräzision. Das sind wichtige, vorauszusetzende Eigenschaften. Doch hat mein Autor auch ein Gefühl dafür, für welche Art von Leserinnen und Lesern er eigentlich schreibt? Und weiß er, wofür sein Auftraggeber steht? Als Mittler zwischen Marke, Produkt und Verbraucher muss der Autor in der Manier eines Fernsehschauspielers die richtigen sprachlichen "Gesichtsausdrücke" mimen.

Wer die akademische Nickelbrille hochschiebt und den Eklektizismus des Thermomix preist, wird damit höchstens unfreiwillig komisch wirken. Wirklich schlau wäre es, die sprachliche Schürze umzubinden und den Thermomix als neuen Souschef für moderne Köchinnen und Köche im heimischen Familienrestaurant zu präsentieren. Oder zum Beispiel einfach als praktische Küchenhilfe für alle, die "doch nicht blöd" sind, sollte Auftraggeber Media Markt es bei den Thermomix-Einsteigern auf die nostalgische Tour versuchen.

(Pop-)Kulturelle Belesenheit

Und damit sind wir beim zweiten Talent, das der einzustellende Autor mitbringen sollte. Die Sprache des Kunden zu sprechen bedeutet nämlich auch, dass man sich in populärkulturellen Referenzen auskennt, als wäre man als Kind in ein Fass voller Comics, Filmrollen, Bücher und m.E. auch Lieferando-Werbeanzeigen gefallen. Zu erkennen, welche kulturellen Knöpfe ein Autor drücken kann, um einem Produkttext emotionale Bezugspunkte zu verleihen, ist ein essentielles Einstellungskriterium. Und in diesem (populär-)kulturellen Fundus sind auch Muttis Ofenhandschuhe, mit denen sie früher vier Töpfe gleichzeitig managte, bevor es – endlich – den Thermomix gab.

Markenwerte mimen

Ob ein Autor sich auch in eine Brand-Message einfühlen kann, ist nicht weniger wichtig. Wenn Harley Davidson Küchenmaschinen ins Sortiment nimmt, müssen diese nicht als »Souschef«, sondern als "heiße Öfen" an den Rockerpapa gebracht werden. Das Gespür für die Markenwerte sollte sich schon im Gespräch über einen potentiellen Auftrag zeigen. Denn

  • hervorragende Ausdrucksfähigkeit und
  • suchmaschinenoptimierte Sprache

sind vorauszusetzen, aber nicht alles.